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Die Mormonen: Eine Reise durch die Geschichte und Missverständnisse

Auf meinen Touren durch den Westen der USA, insbesondere durch Utah, taucht häufig die Frage nach den Mormonen und ihrer faszinierenden Geschichte auf. Utah ist bekannt als das Herz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, und die Geschichte dieser religiösen Bewegung ist eng mit der Besiedlung des Westens und dem Glauben der frühen Pioniere verbunden. Doch obwohl die Kirche und ihre Anhänger heute ein fester Bestandteil der amerikanischen Gesellschaft sind, gibt es immer noch viele Missverständnisse – eines der häufigsten ist die Frage nach der Polygamie.

Die Entstehung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, oft als die mormonische Kirche bezeichnet, wurde 1830 von Joseph Smith in Fayette, New York, gegründet. Smith behauptete, durch göttliche Offenbarungen das Buch Mormon empfangen zu haben, das er als Ergänzung zur Bibel verstand. Dieses Buch schildert die spirituelle Geschichte von Menschen, die einst auf dem amerikanischen Kontinent gelebt haben sollen, und wurde zu einem der zentralen Glaubensinhalte der Mormonen.

Die neue Religion verbreitete sich rasch, doch sie stieß von Anfang an auf Widerstand. In verschiedenen Teilen der USA, darunter Ohio, Missouri und Illinois, wurden die Mormonen verfolgt, weil ihre Glaubensvorstellungen und Praktiken den traditionellen religiösen und gesellschaftlichen Normen widersprachen. Dazu gehörte auch ihre Überzeugung, dass sie als "auserwähltes Volk" eine besondere Rolle in Gottes Plan spielten. Diese Überzeugungen führten zu Spannungen mit ihren Nachbarn, und die Mormonen wurden wiederholt aus ihren Siedlungen vertrieben.

Die Große Migration nach Westen

Nach der Ermordung von Joseph Smith im Jahr 1844 in Illinois übernahm Brigham Young die Führung der Kirche. Angesichts der anhaltenden Verfolgung und Gewalt gegen die Mormonen entschied Young, die Gemeinschaft in den Westen zu führen – in ein Gebiet, das damals noch nicht von den Vereinigten Staaten beansprucht wurde. 1847 erreichten Brigham Young und seine Anhänger das Tal des Großen Salzsees, wo sie Salt Lake City gründeten und begannen, das unfruchtbare Land in eine blühende Gemeinschaft zu verwandeln.

Diese Pionierreise gilt als eine der größten und beeindruckendsten Siedlungsbewegungen in der amerikanischen Geschichte. Tausende von Mormonen legten die lange und beschwerliche Reise über die Rocky Mountains zurück, um im Westen eine neue Heimat zu finden, fernab der Verfolgungen im Osten. Utah wurde zum Zentrum der mormonischen Religion, und bis heute hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage einen enormen Einfluss auf den Staat und seine Kultur.

Die Frage der Polygamie

Auf meinen Touren durch Utah werde ich oft gefragt: „Ist es wahr, dass mormonische Männer mehrere Frauen heiraten dürfen?“ Diese Frage führt uns direkt zu einem der umstrittensten Kapitel in der Geschichte der Kirche: der Praxis der Polygamie. Im 19. Jahrhundert war es unter den frühen Führern der Kirche, einschließlich Joseph Smith und Brigham Young, üblich, mehrere Frauen zu heiraten. Diese Praxis wurde als göttliches Gebot angesehen und sollte den Anhängern der Kirche spirituelle Segnungen bringen.

Doch die Polygamie führte zu erheblichen Konflikten mit der amerikanischen Gesellschaft und der Regierung. Im späten 19. Jahrhundert erhöhte die US-Regierung den Druck auf die Kirche, diese Praxis zu beenden, und 1890 erklärte Wilford Woodruff, der damalige Präsident der Kirche, dass die Polygamie offiziell aufgegeben werde. Seitdem ist die Vielehe innerhalb der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verboten, und Mitglieder, die diese Regel brechen, werden exkommuniziert.

Trotz dieser klaren Abkehr von der Polygamie hält sich das Missverständnis hartnäckig, dass Mormonen immer noch mehrere Ehepartner haben dürfen. Dies liegt teilweise daran, dass kleinere fundamentalistische Gruppen, die sich von der Hauptkirche abgespalten haben, weiterhin an der Praxis festhalten. Diese Gruppen haben jedoch keinerlei Verbindung zur offiziellen Kirche und repräsentieren nicht die Mehrheit der Mormonen.

Weitere Aspekte des mormonischen Lebens

Neben der historischen Frage der Polygamie gibt es noch viele weitere Aspekte der mormonischen Glaubenspraxis, die für Außenstehende oft überraschend sind. Ein zentrales Merkmal des mormonischen Glaubens ist der sogenannte „Wort der Weisheit“, ein Kodex, der den Mitgliedern bestimmte Gesundheitsvorschriften auferlegt. Dazu gehört unter anderem, dass Mormonen keinen Alkohol, Tabak, Kaffee oder Tee konsumieren dürfen. Diese strengen Vorschriften sollen dazu beitragen, den Körper als „Tempel Gottes“ zu pflegen.

Herausforderungen und Schattenseiten

Wie bei jeder Religion gibt es jedoch auch Herausforderungen und weniger positive Aspekte. Das Leben in einer streng religiösen Gemeinschaft kann für einige Mitglieder, besonders für junge Menschen, die sich entscheiden, nicht mehr der Kirche angehören zu wollen, schwierig sein. Das Verlassen der Kirche wird oft als eine der schwersten Entscheidungen angesehen, die eine Person treffen kann. Es kann mit sozialer Ausgrenzung und dem Verlust enger familiärer Bindungen verbunden sein, da der Glaube einen zentralen Bestandteil des Lebens vieler Mormonen darstellt.

Eine weitere Herausforderung, die in der mormonischen Gemeinschaft zunehmend anerkannt wird, ist das Thema der Drogenmissbrauchsproblematik. Aufgrund der strengen Einschränkungen hinsichtlich Alkohol und Drogen gibt es Berichte, dass einige Mormonen auf verschreibungspflichtige Medikamente oder illegale Drogen zurückgreifen, um diesen Regeln zu umgehen. Die strengen gesellschaftlichen Normen und Erwartungen innerhalb der Gemeinschaft können in einigen Fällen zu Druck führen, der wiederum zu einer verdeckten Nutzung von Substanzen führt.

Die Balance zwischen Glaube und Realität

Trotz dieser Herausforderungen bietet der Glaube der Mormonen auch viel Positives. Die Gemeinschaft ist bekannt für ihren starken Familienzusammenhalt, ihre Werte von Nächstenliebe und ihren Fokus auf Bildung und persönliche Entwicklung. Viele Mormonen sind tief in ihre Gemeinden eingebunden und widmen sich sozialen Diensten und ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Gleichzeitig ist es wichtig zu verstehen, dass der Druck, ein strenges religiöses Leben zu führen, für manche Menschen eine Belastung sein kann. Wie in jeder Glaubensgemeinschaft gibt es diejenigen, die die Lehren der Kirche vollkommen annehmen, und andere, die Schwierigkeiten haben, sich in die strengen Regeln einzufügen.

Geschichte und der Einfluss der Mormonen in den USA sind faszinierend und komplex. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hat tiefgreifende Auswirkungen auf Utah und den Westen der USA gehabt und spielt weiterhin eine bedeutende Rolle in der amerikanischen Gesellschaft. Doch wie bei jeder Religion gibt es sowohl positive als auch negative Aspekte. Während der Glaube vielen Menschen ein starkes Gefühl von Gemeinschaft und Identität bietet, können die strengen Regeln und gesellschaftlichen Normen für einige eine Herausforderung darstellen.

Auf meinen Touren, besonders durch Utah, versuche ich, ein ausgewogenes Bild dieser religiösen Gemeinschaft zu vermitteln – eine Gemeinschaft, die durch ihre Geschichte und ihren Glauben geprägt ist, aber auch mit den gleichen menschlichen Herausforderungen kämpft, wie sie in jeder Religion zu finden sind.